Für seine Verdienste um die Stadt Voerde erhielt der ehemalige Leiter der Realschule Voerde, Fritz Potz (5. v.r.) am 25. Oktober 2017 im großen Sitzungssaal des Rathauses den „Voerder Vogel“ verliehen. Nach Grußworten des Bürgermeisters Dirk Haarmann (3. v.r.) und der Laudatio durch Jürgen Albre (2. v.r.), überreichte Heinz Boss (4. v.r.), der Vorsitzender des Heimatvereins, den Heimatpreis 2017. Der gesamte Vorstand und zahlreiche Gäste gratulierten dem Preisträger.
Die Laudatio von Jürgen Albi, langjähriger Schuleiter der Realschule Voerde hier im Wortlaut:
„Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
lieber Heinz Boss,
verehrte Festgäste,
und natürlich: Lieber Fritz,
Wir sind Heimat – dieser Titel des Buches von Hans-Gert Pöttering und Joachim Klose hat mich sofort neugierig gemacht.
Wir haben Heimat – leite ich daraus ab, und wende es auf uns heute Abend an, die in vertrauter Runde die Verleihung des Heimatpreises unseres Heimatvereins Voerde miterleben. Das verbindet uns alle.
Pöttering schreibt: “Wenn gefragt wird, was Heimat ist, ergeht es uns ja wie dem Heiligen Augustinus bei der Frage nach der Zeit: „Wenn niemand mich danach fragt, weiß ich es, will ich es aber jemandem erklären, weiß ich es nicht.“
Man muss sich Heimat immer wieder aneignen. „Wir sind Heimat“, unsere Familien und Freunde, an konkreten Orten und in der Zeit. Heimat ist immer positiv bestimmt“. So leben wir Heimat auch in Voerde in unseren Vereinen, die die Tradition pflegen und in unseren Erinnerungen die auch besonders durch die Aktivitäten des Heimatvereins wachgerufen werden.
Heute ist wieder so ein Abend, der diesmal ganz dem Leben unseres Mitbürgers Fritz Potz gewidmet ist und seine Bedeutung für unsere Stadt Voerde beschreibt und würdigt.
Vor etwas mehr als 7 Jahren, genau am 21. April 2010, konnten Fritz Potz und ich hier im Ratssaal unserer Heimatstadt gemeinsam die Festansprache zum 50-jährigen Bestehen der Realschule Voerde halten. 50 Jahre im Leben einer Schule, die von dir, lieber Fritz, in einer Festzeitschrift in enger Zusammenarbeit mit Bernd Vennemann dokumentiert wurden. In den dort aufgeführten Beiträgen der Zeitzeugen wird die einmalige Verankerung der von dir geprägten Schule im Heimatbild unserer Stadt Voerde deutlich. Es ist besonders wohltuend, wenn ehemalige Mitglieder der Schulgemeinde erklären, dass ihre Schule für sie auch Heimat im Sinne von Geborgenheit war. Darauf, lieber Fritz, kannst du stolz sein und die Hochachtung deiner ehemaligen Schülerinnen und Schüler ist dir gewiss und heute noch bei jeder persönlichen Begegnung erlebbar.
Bernd Vennemann als Vertreter des Kollegiums schreibt dort: „Dem Gründungsdirektor Heinrich Scholten stand 1960 mit seinem späteren Nachfolger, Fritz Potz, schon ein Mann zur Seite, der es durch seine unaufdringliche, aber bestimmte Art verstand, das Optimum für seine Schule herauszuholen. Nie gab es Dissonanzen zwischen ihm und dem Kollegium, zu dem er ein Verhältnis pflegte, das von gegenseitigem Vertrauen geprägt war und Lehrerinnen und Lehrer stolz machte, an der Realschule Voerde unterrichten zu dürfen“. Eine höhere Wertschätzung kann man von seinem Mitarbeiterteam kaum erfahren.
Der Heimatverein ehrt heute den ehemaligen Schulleiter der Realschule Voerde für sein Lebenswerk und er hat mit Fritz Potz den würdigen Preisträger gewählt, der eine Beziehung zur Heimat aufgebaut hat und wie sie gleich hören werden auf vielfältige Art für die Heimatstadt Voerde gewirkt hat.
Fritz Potz wurde am 08. Mai 1926 in Rheydt am Niederrhein geboren als erstes Kind der Familie Potz. Der Vater besaß am Ort eine Buchdruckerei und auch die Mutter stammte aus einem Geschäftshaushalt. Beste Voraussetzungen für Fritz und seine drei Geschwister ihren eigenen Weg in ein selbstbestimmtes Leben zu wählen und ihre Lebensziele zu verwirklichen. Wenn da nicht der 2. Weltkrieg ausgebrochen wäre, der auch die geregelte schulische Laufbahn von Fritz jäh unterbrach. Nur durch einen klugen Schulleiter, der es schaffte, den Schulbetrieb aufrecht zu erhalten, war diesem Jahrgang noch vor der Einberufung zum Militär die Ablegung des Abiturs möglich. Danach war Fritz ein Jahr Soldat, wurde zweimal verwundet und kam in Kriegsgefangenschaft.
Dann endlich im Jahre 1947 konnte er seinen Traum vom Lehrerstudium an der pädagogischen Akademie Lüdenscheid verwirklichen. Er stärkte dort nicht nur seine Qualitäten als Pädagoge, sondern überzeugte auch als Mittelstürmer im Fußballverein seiner Uni-Stadt. Der Sport hatte für ihn immer eine überragende Bedeutung ob als Fußballspieler, Geräteturner oder Tischtennisspieler. Seine Erfolge kann man bestaunen in der Sammlung der Urkunden und Pokale im Hause Potz. Fritz spielte Fußball beim VfB Lohberg in der höchsten Amateurklasse, Tischtennis beim MTV Dinslaken und trainierte sogar die Fußballer vom SV Spellen. Ich muss ihm aber eins vorwerfen: Er hat nie für den TV Voerde gespielt. Das gibt in meiner Bewertung einen erheblichen Punktabzug.
Seine berufliche Laufbahn begann 1949 an der Klaraschule Dinslaken. Sehr bald suchte er neben der Unterrichtstätigkeit eine weitere Herausforderung und begann in Düsseldorf mit der dreijährigen Ausbildung zum Realschullehrer. Und schon 1957 erfolgte die Ernennung zum Realschullehrer an der Realschule Walsum. 1960 kommt das Ereignis, das Fritz in seinem Lebensgefühl zum echten Voerder Bürger werden ließ und seine Liebe zu Voerde weckte: Der Wechsel zur neugegründeten Kreisrealschule Voerde im beschaulichen Ortsteil Spellen und die tägliche Reise mit seinem Schulleiterkollegen Heinrich Scholten durch die wunderschöne Niederrheinlandschaft mit wiederkäuenden Kühen, Pferdefuhrwerken und gesunder Landluft.
Und bald bezog er mit seiner Ehefrau Waltraut und seinem Sohn das eigene Haus direkt gegenüber der Schule. Fritz war wieder am wirklichen Niederrhein angekommen und jetzt für immer hier zu Hause.
Als kreativer Schulleiter hatte Fritz schnell erkannt: Unsere Schule ist durch herausragende Aktionen Werbeträger für die Stadt Voerde, die Stadt Voerde wirbt so auch für ihre Schule. In diesem Kontext erinnere ich:
– an die Nordrheinischen Vergleichswettkämpfe der Realschulen mit mehr als 4000 Teilnehmern auf der Anlage des TV Voerde, die zu einem grandiosen Erfolg wurden und für nachfolgende Veranstalter neue Standards setzten.
– an die Fußballmannschaft der Realschule, die das Vorspiel zum Bundesligaschlager MSV- Bayern München austragen durfte
– an die Jungen- Leichtathletik-Mannschaft, die als Landessieger im Wettbewerb „Jugend trainiert für Olympia“ an der Endausscheidung in Berlin teilnahm und besonders
– an den Besuch des damaligen Kultusministers Holthoff in unserer über die Stadtgrenzen bekannte Schule.
Die Schule war ein tragendes Element in einer aufstrebenden Stadt.
Aber besonders als Chronist hat sich Fritz Potz immer wieder ausgezeichnet. Alle Texte der Festzeitschrift zur Stadtwerdung in Jahr 1981 stammen aus seiner Feder, und der Slogan „Voerde –junge Stadt am Niederrhein“ ist hier geprägt worden. Fritz schreibt: „Im Vordergrund der folgenden Seiten dieser Schrift steht eine Bestandsaufnahme, das Bild einer jungen Stadt, die erfüllt ist von pulsierendem Leben. Es ist typisch für Voerde, dass Natur und Technik immer enger aneinanderrücken, aber dass man dennoch bemüht ist, die Naturlandschaft zu erhalten, wo immer es möglich ist. Aus einer Vielfalt der verschiedenen Landschaftsbilder schöpft Voerde seinen Reiz. Von Eintönigkeit und Langeweile keine Spur“.
Dieses komplexe Thema kann nur jemand erfassen, der in Historie und Gegenwart seiner Heimatstadt fest verwurzelt ist. Es wird deutlich mit welcher Liebe zum Detail, mit welcher herausragenden Beobachtungsgabe und Sachkenntnis er die mannigfaltigen Facetten unserer Stadt beleuchtet. Diese Fähigkeit führte dazu, dass Fritz immer wieder als Chronist gefragt war:
Aus seiner Feder stammen die Texte in den Broschüren:
-„Man kennt sich in Spellen“, die 10 Jahre nach der 1200 Jahrfeier aufgelegt wurde.
-„Unsere Geschichte braucht unsere Hilfe“ zum Baudenkmal Kirche Götterswickerhamm.
-„Altes neu gesehen“, zehn nicht alltägliche Motive, wiederentdeckt und gezeichnet von Julius Seifert.
Und sein umfangreiches Werk zur Entwicklung des Schulwesens in Voerde ist auch im Literaturverzeichnis der Veröffentlichung „1000 Jahre Kirchspiel Götterswickerhamm aufgeführt.
Nun noch weitere Höhepunkte seiner ganz persönlichen Lebensgeschichte: Fritz war 4 Jahre lang ehrenamtlicher Richter am Verwaltungsgericht, viele Jahre Sprecher der Schulleitungen am unteren Niederrhein und natürlich Förderer des Freibads gewürdigt mit der Urkunde als ältester Frühschwimmer. Er liebt die langen Fahrradtouren durch seine Heimat, die Geselligkeit beim Kegeln und auch im hohen Alter noch die Sportplätze, denn da hat er mit 88 Jahren nochmals das goldene Sportabzeichen erworben.
Fritz, du hast mir gesagt, ich solle in meiner Laudatio nicht zu dick auftragen. Ich hoffe, es ist mir gelungen. Dennoch, liebe Festgäste, erlauben Sie mir abschließend eine Bemerkung, die auch den besonderen Humor von Fritz deutlich macht und gleichzeitig an die Aussage des Heiligen Augustinus erinnert. Jetzt habe ich den Preisträger Fritz Potz als echten Niederrheiner und herausragenden Pädagogen vorgestellt. Ich muss aber gleichzeitig feststellen, dass es dazu eine interessante Beobachtung von Hans- Dieter Hüsch gibt, der den Niederrheiner so beschreibt:
„Der Niederrheiner weiß nichts, kann aber alles erklären.“
Oder es gibt die Volksweisheit über Lehrer, die besagt:
„Der Lehrer weiß alles besser, kann aber nichts erklären.“
Wie passt das zu Fritz Potz? Da gibt er selbst die richtige Antwort indem er selbstbewusst sagt:
„Ich habe schon mehr vergessen, als ihr alle wisst.“
Aber wir, lieber Fritz, werden deine Verdienste um unsere Heimatstadt Voerde stets ehren und nicht in Vergessenheit geraten lassen.
Fritz, ich verneige mich vor deiner Lebensleistung.“